Mittwoch, Februar 14, 2007

Vom Widerspruch zwischen Wort und Tat: VW-Gesetz vor dem Fall

Das sogenannte VW-Gesetz, welches das Stimmrecht einzelner Aktionäre auf 20% begrenzt, steht vor dem Fall. Der Europäische Gerichtshof wird vorraussichtlich dieses nahezu 50 Jahre alte Gesetz als nicht vereinbar mit EU-Recht erklären.
Damit geht eine große Chance verloren.

April 2005: Franz Müntefering vergleicht anonyme Finanzinvestoren, die über Unternehmen herfallen, sie abgrasen und dann weiterziehen, mit Heuschreckenschwärmen.
Doch nicht erst seit diesem berühmt-berüchtigten BamS-Interview des heutigen Arbeitsministers vergeht keine wirtschaftspolitische Grundsatzrede ohne Verweis auf die große Gefahr internationaler, hoch spekulativer Investmentfonds, die ganze Volkswirtschaften destabilisieren könnten.
Zum Standardreportouir einer jeden Wirtschafts- und Staatsanalyse gehört natürlich auch der "wachsende Kontrollverlust" der Politik. Erhard Eppler erklärt angesichts der scheinbaren Übermacht des Kapitals den Staat gar zum Auslaufmodell.

An Erkenntnis scheint es nicht zu mangeln.

Doch scheint es unglaubwürdig, an Rednerpulten die Macht des Kapitals und das Risiko von Hedge-Fonds zu geißeln und am Verhandlungstisch jede Möglichkeit, diese Missstände zu beseitigen, auszuschlagen.
Das VW-Gesetz ist hier ein Paradebeispiel.

Es dient dem Ziel, feindliche Übernahmen abzuwehren und politisch ungewollte Unternehmensentscheidungen zu verhindern.
Sogenannte Goldene Aktien, das heißt Stimmanteile mit besonderen Mitbestimmungsrechten wie einer Sperrminorität sind international Gang und Gäbe.

"Die stärksten Schutzmaßnahmen vor ausländischen Übernahmen herrschen in Frankreich. Vor zwei Jahren trat dort ein Dekret in Kraft, das zehn Schlüsselbranchen mit einem staatlichen Schutzwall umgibt. Dazu gehören etwa Rüstungskonzerne, Impfstoffhersteller, Biotechfirmen und Spielcasinos. Auch beim teilprivatisierten Energieriesen Électricité de France und der Großbank Crédit Lyonnais besitzt der französiche Staat Vetorechte." (taz)

Warum gibt man ein solch kraftvolles Instrument wirtschaftlicher Regulierung so leicht aus der Hand?
Wenngleich wir nicht verkennen dürfen, dass staatliche Eingriffe die Attraktivität des hiesigen Standortes schmälert, sollte die Regulierung der Wirtschaft nicht weiter derart verschmäht werden.

Die Wirtschaft muss dem Menschen dienen, heißt es immer.
Zur Durchsetzung der Interessen der Menschen in der Wirtschaft, bedarf es daher einer Demokratisierung der deutschen Großkonzerne.
Ein Instrument wie das VW-Gesetz, das es dem Land Niedersachsen ermöglicht, zwei Vertreter in den Aufsichtsrat zu entsenden, darf nicht aufgegeben werden.
Im Gegenteil: Wir brauchen auch ein Deutsche-Bank-, ein Siemens- und ein Telekom-Gesetz.


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