Freitag, September 01, 2006

Uran im Iran oder die Scheinheiligkeit des Westens im Umgang mit dem Völkerrecht

In den letzten Tage spitzte sich die diplomatische Krise um das iranische Atomprogramm weiter zu.
Grundlage jeglicher internationalen Politik im Bereich der Atomforschung und der Atomwaffen ist der 1970 in Kraft getretene und mittlerweile von 188 Staaten ratifizierte Atomwaffensperrvertrag. Er regelt völkerrechtlich wie mit spaltbarem Material umzugehen ist. Er legt eindeutig Rechten und Pflichten der Vertragspartner.
Auch der Iran ist Teil dieser Vertragsgemeinschaft; dem allerdings - so scheint es - die ihm zustehenden Rechte nicht gebilligt werden. Hier ein kommentierter Auszug:

Artikel IV
(1) Dieser Vertrag ist nicht so auszulegen, als werde dadurch das unveräußerliche Recht aller Vertragsparteien beeinträchtigt, unter Wahrung der Gleichbehandlung und in Übereinstimmung mit den Artikeln I und II die Erforschung, Erzeugung und Verwendung der Kernenergie für friedliche Zwecke zu entwickeln.
(2) Alle Vertragsparteien verpflichten sich, den weitestmöglichen Austausch von Ausrüstungen,
Material und wissenschaftlichen und technologischen Informationen zur friedlichen Nutzung der
Kernenergie zu erleichtern, und sind berechtigt, daran teilzunehmen.


Dass diese Rechte dem Iran zZ nicht zugestanden werden ist offensichtlich. In der "Iran-Resolution" vom 31.Juli fordert der Sicherheitsrat den Iran auf sämtliche Anreicherungsvorgänge fallen zu lassen.
"Demands that Iran shall suspend all enrichment-related and reprocessing activities, including research and development"

Und dies, obwohl der Sicherheitsrat interessanterweise gleich im ersten Satz auf den Atomweffensperrvertrag Bezug nimmt.

"Reaffirming its commitment to the Treaty on the Non-proliferation of Nuclear Weapons"

Auch ich halte die Aussagen des iranischen Präsidenten zur alleinig friedlichen Nutzung der Atomenergie für wenig glaubhaft. Hier gelangen wir allerdings zu einer prinzipiellen Fragestellung.
Die SPD hat diese im Vorfeld des Irak-Krieges bereits eindeutig beantwortet. Präemptive Kriege oder Sanktionen, also Gewaltanwendung nur aufgrund einer gefühlten Bedrohungslage (Bush-Doktrin) sind mit grundsätzlichen rechtsstaatlichen Vorstellungen (Unschuldsvermutung) nicht zu vereinbaren. Gleiches gilt für die heutige Situation: Nur aufgrund nachrichtendienstlicher Indizien, die sich in den vergangengen Jahren oft als wenig handfest erwiesen haben (Stichwort: WMD im Irak), sind dem Irak vertraglich zugesicherte Rechte nicht abzuerkennen.
Mir geht es nicht darum den Iran oder die abscheuliche Politik seines Präsidenten zu unterstützen, sondern mahne einzig und allein die Einhaltung des Völkerrechts an. Auch wenn dies manchmal scherzhaft ist.

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Artikel VI
"Jede Vertragspartei verpflichtet sich, in redlicher Absicht Verhandlungen zu führen über
wirksame Maßnahmen zur Beendigung des nuklearen Wettrüstens in naher Zukunft und zur
nuklearen Abrüstung sowie über einen Vertrag zur allgemeinen und vollständigen Abrüstung
unter strenger und wirksamer internationaler Kontrolle."


Die Scheinheilig des Westens im Umgang mit dem Völkerrechts belegt auch Artikel VI des Atomwaffensperrvertrages. Denn von einer redlichen Absicht zur allgemeinen und vollständigen Abrüstung Frankreichs oder Amerikas ist wenig zu sehen.

Atomwaffensperrvertrag
Uno-Resolution 1696
UN-Charta

Zitat des Tages

"Ich begrüße es, dass wir uns wieder um diejenigen kümmern, die viel leisten und auch Angst vor sozialem Abstieg haben." Björn Böhning - Juso-Bundesvorsitzender

Wenn selbst das Häuptling der Jungsozialisten denen beipflegt, die eine Abwendung von den niedrig Entlohnten, den Langzeitarbeitslosen, den materiell und sozial armen fordern, stehen wir schon mit einem Bein im Grab.

Dazu:
Taz-Titelkommentar
Franz Walter: Beck und die Mittelschichten


Dann nochmal etwas zum Schmunzeln: