Freitag, Mai 26, 2006

Menschenrecht bedingungsloses Grundeinkommen

Ein Gespenst geht um...
Das Gespenst des bedingungslosen Grundeinkommens.
Im linksalternativen Millieu hat diese Idee schon Wellen und Wurzeln geschlagen und wird als Konzeption bejubelt, welche dazu befähigt sein soll, die Linke aus ihrem Jahre andauernden Abwehrkampf herauszuholen. Viele halten es für DIE emanzipatorische Idee des 21. Jahrhunderts.

In Kürze versteht sich unter dem bedingungslosen Grundeinkommen(BGE), jedem Staatsbürger bedingungslos einen monatlich ausgezahlten Betrag (etwa 1000€) zu gewähren. Bedingungslos bedeutet: Ungeachtet, ob Kleinkind oder Rentner, ob er arbeitet/arbeiten möchte oder nicht.

Revolutionär. Es bedeutete ein Bruch mit der Knechtschaft der Arbeit. Erwerbstätigkeit diente nicht mehr primär der Einkommenserzielung, der Sicherung des Lebensunterhaltes, sondern einziges Zweck der Arbeit wäre die Selbstentfaltung des Individuums.
Niemand wäre mehr gezwungen seine Lebenszeit mit Tätigkeiten zu verbringen, die er im Grunde verabscheut, nur um seine Familie ernähren zu können.
Jeder Mensch könnte in würdigen Bedingungen leben, der Ausbeutung - im heutigen Sinne - wären Regel vorgeschrieben. Es ist nicht akzeptabel, dass in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt Menschen kulturell und sozial verelenden; gewiss, das Grundeinkommen ist ein Menschenrecht!

Doch stellt sich die Frage, ob dieses Menschenrecht auch verwirklicht werden kann.

Es wäre die größte Umverteilung in der Geschichte unseres Landes und angesichts eines Volksvermögens von unvorstellbaren 5 Billionen Euro und einem jährlichen Bruttoinlandsprodukt von weit über 2 Billionen Euro theoretisch sicher machbar. Die Ressourcen, einem jeden ein würdiges Leben zu ermöglichen, sind vorhanden.

Nur ist eine solche staatlich organisierte und durchgeführte Umverteilung in einer kapitalistischen, globalisierten Welt nicht möglich.
Es bedeutete eine massive Enteignung der Kapitaleigner in einer Zeit des flüchtigen Kapitals.

Nun verstehe man mich nicht falsch. Umverteilung ist möglich und nötig. Die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer, einer Börsenumsatzsteuer oder die Erhöhung des Spitzensteuersatzes ist politisch und sozial geboten.

Aber für eine Umverteilung in einer Dimension, wie sie die Einführung eine BGE erfordert, müsste nach Götz Werner die Mehrwertsteuer auf 50% oder vielleicht alternativ der Spitzensteuersatz der Einkommenssteuer auf 70%, die Vermögenssteuer auf 20% oder die Körperschaftssteuer auf 80% angehoben werden.

Alles aberwitzige, realitätsferne Vorschläge. Sie sind nicht nur politisch nicht umsetzbar, sondern würden unsere Volkswirtschaft in den Ruin treiben. In unserer Gesellschaft brauchen wir - leider - das Kapital wie das Neugeborene die Muttermilch.
Kapital können wir daher nicht in beliebiger Höhe besteuern, bei Arbeitnehmereinkommen sollten wir es nicht.

Menschen sind in so weit zu Solidarität bereit, wie sie merken, dass es keine Einbahnstraße ist, dass diese Solidarität nicht ausgenutzt wird.

Ich bin der festen Überzeugung, dass die Mehrheit ihre durch das BGE gewonnene Freiheit dazu nutzen würde gesamtgesellschaftlich Sinnvolles zu leisten (sei es kulturell, wirtschaft oder sozial), aber so wird es auch immer diejenigen geben, für die das BGE eine schlichte Alimentierung ist und sich auf die faule Haut legen.
Diese Alimentierung durch das BGE ist aber - würde es in der heutigen Gesellschaft eingeführt - eine steuerfinanzierte Leistung, möglicherweise durch den normalen Arbeitnehmer, der für eine solche falsche Solidarität kein Verständnis hätte.

Kranke oder zu Pflegende Personen zu unterstützen, findet die in der Gesellschaft Akzeptanz. Arbeitslose zu unterstützen ebenfalls, solange bei ihnen der Wille besteht, zu arbeiten (siehe die falsche, aber wohl von weiten Bevölkerungsschichten geteilte Parasitendebatte beim Alg II).


Ein BGE wäre also zur Zeit weder politisch umsetzbar, noch ökonomisch sinnvoll.

Nun sagte ich allerdings aber zu Beginn meiner Ausführungen ein BGE sei ein Menschenrecht. Und in einer nachkapitalistischen Gesellschaft, in der sich die Produktionsmittel in Gemeineigentum befinden, ist dieses Menschenrecht auch zu verwirklichen.
Ich habe bereits die unglaubliche Masse von Waren und Werten angesprochen, die wir tagtäglich produzieren. Und das fast vollautomatisch. Bekannt ist, wie sich der junge Keynes schockiert ansehen musste, wie ganze Schiffsladungen über Bord geworfen werden mussten, weil keine Nachfrage nach ihnen bestand. Waren produzieren könnten wir also zur Genüge.

Während Maschinen heutzutage gefürchtet sind, weil sie uns Arbeit nehmen, könnten sie uns in Zukunft von der Geißel der Arbeit befreien. Jedem würde das gegeben werden, was er benötigt.

Das Menschenrecht könnte wahr werden. Es könnte. Nur nicht in unserem System.


1 Kommentar:

mo hat gesagt…

Ich bin der festen Überzeugung, das Hauptproblem der Umsetzbarkeit ist die gesellschaftliche Akzeptanz und der geographisch/globale Rahmen. Wäre ein bedingungslose Grundeinkommen etwa auf europäischer Basis machbar, sähe die Situation auch im Bezug auf die ökonomischen Aspekte die du ansprichst schon ganz anders aus.

Du zeigst aber an vielen Punkten auf, warum dies nicht möglich ist und diese Einschätzung muss ich (leider) teilen.

Trotzdem ist das BGE meines Erachtens ein Gedanken den man auch und vorallem für eine mögliche Übergangsphase in eine wie auch immer gearteten nicht-kapitalistischen gesellschaftsform im Kopf behalten sollte.