Montag, Dezember 11, 2006

Die Montagsgedichte

Man gab mir einen Körper - wer
Sagt mir, wozu? Er ist nur mein, nur er.

Die stille Freude: atmen dürfen, leben.
Wem sei der Dank dafür gegeben?

Ich soll der Gärtner, soll die Blume sein.
Im Kerker Welt, da bin ich nicht allein.

Das Glas der Ewigkeit - behaucht:
Mein Atem, meine Wärme drauf.

Die Zeichnung auf dem Glas, die Schrift:
Du liest sie nicht, erkennst sie nicht.

Die Trübung, mag sie bald vergehn.
Es bleibt die zarte Zeichnung stehn.
1909


Das horchende, das feingespannte Segel.
Der Blick, geweitet, der sich leert.
Der Chor der mitternächtgen Vögel,
Durchs Schweigen schwimmend, ungehört.

An mir ist nichts, ich gleich dem HImmel,
Ich bin, wie die Natur ist: arm.
So bin ich, frei: wie jene Stimmen
Der Mitternacht, des Vogelschwarms.

Du Himmel, weißestes der Hemden,
Du Mond, entseelt, ich sehe dich.
Und, Leere, deine Welt, die fremde,
Empfang ich, nehme ich!
1910
Aus "Der Stein" von Ossip Mandelstam, deutsche Übersetzung Paul Celan.


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