Sonntag, Juni 04, 2006

Ausbildung

Die Ausbildungssituation ist desaströs wie noch nie im wiedervereinigten Deutschland. Auf hundert Bewerber kommen statistisch lediglich 58 angebotene Ausbildungsplätze. Über 250.000 junge Männer und Frauen suchen einen Ausbildungsplatz. Das sind etwa 32.000 Menschen mehr als noch im Vorjahr, die in eine höchst ungewisse Zukunft geschickt werden.
Regierung und Parlament schauen dabei rat- und tatlos zu. So sendete unsere Bundeskanzlerin einige hundert Briefe an deutsche Unternehmen mit der Bitte nach mehr Ausbildungsplätzen. Dabei muss mittlerweile jeder verstanden haben: Appelle an die Wirtschaft bleiben ohne jeglichen positiven Effekt.
Noch verzweifelter kommt die Sozialdemokratie, die Partei der kleinen Leute, daher: Auf der letzten Präsidiumssitzung beschloss sie einen Antrag zur Ausbildungssituation. Wer heute noch nicht herzhaft gelacht hat, sollte sich diesen einmal zu Gemüte führen.

Zu Beginn beschreibt der Antrag ausführlich und korrekt die "alarmierende Lage auf dem Ausbildungsmarkt", nennt die erschreckenden Zahlen, analysiert die "Aushöhlung des dualen Systems", gesteht "dringenden Handlungsbedarf" ein und kommt dann (!) im nächsten Satz zum Schluss: "Der 'Nationale Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Deutschland' hat auch im zweiten Jahr positive Ergebnisse erzielt." Diese Logik muss man mir erklären!
Wer jetzt noch den Ausbildungspakt für nicht gescheitert erklärt, muss auf einem anderen Planeten leben. Dazu ein Zitat aus dem Ausbildungspakt: "Mit diesem Pakt verpflichten sich die Partner gemeinsam und verbindlich, in enger Zusammenarbeit mit den Ländern allen ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen jungen Menschen ein Angebot auf Ausbildung zu unterbreiten." Man muss nur einmal Nachrichten gesehen haben, um zu erkennen, dass dieses "verbindliche" Ziel nicht erreicht wurde.

Dass die SPD den Pakt dennoch für "richtig" hält und ihn laut Antrag fortführen möchte, ist traurig. Besonders, wenn man bedenkt, dass bei Beschluss dieses Paktes allgemeiner Konsens war, dass eine Nichterfüllung der vom Pakt abgesteckten Ziele mit der Einführung einer sog. Ausbildungsplatzumlage geahndert würde, die zZ nicht mehr diskutiert wird.
Dabei hat der SPD-Bundesparteitag 2003 noch eindeutig beschlossen(S. 48) , eine Ausbildungsplatzumlage einführen zu wollen.

Mittlerweile weiß wohl jeder in SPD-Führung, dass eine solche Umlage notwendig ist; kann und will sie aber nicht fordern, weil er dafür das Scheitern der eigenen Idee (des Ausbildungspaktes) eingestehen müsste.


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