Samstag, April 29, 2006

Elterngeld

Wie Mos Post bereits verdeutlicht, wird die sonst stiefmütterlich behandelte Familienpolitik zur Zeit heiß diskutiert.
Besonders das übrigens von der CDU (incl Familienministerin von der Leyen und der Kanzlerin Merkel) im Wahlkampf vehement kritisierte Elterngeld ist nun Stein des Anstoßes.
Dabei geht es besonders um die Frage, ob der Staat Familien benachteiligen sollte, in denen nur ein Elternteil die Betreuung und Erziehung des Neugeborenen übernimmt und sich damit tief in die Belange der Familien einmischen darf.
Ein anderer Punkt gerät dabei völlig in Vergessenheit: Nämlich die sozialen Auswirkungen dieses Gesetzes.
Während die SPD normalerweise Umverteilung so sehr scheut, wie der Teufel das Weihwasser, so wird mit dem Elterngeld der Umverteilungsgedanke endlich aufgegriffen.
Nur leider nicht von oben nach unten, sondern von unten zur Mitte.

Mehr dazu in folgenden Artikeln der Tageszeitung:
Karl Lauterbach im Interview
Kommentar: Arm zahlt für Reich

Dass ich mich mal mit Familienpolitik beschäftigen würde, hätte ich auch nie gedacht.
Wie sagte Schröder noch zum Ministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend noch: "Ministerium für Frauen und Gedöns"

Freitag, April 28, 2006

Familie, Kinder, Eierkuchen

Eva Herman, Tagesschaumoderatorin, schreibt einen Artikel für den Cicero. So weit, so uninteressant. Interessant wirds, schaut man sich einige der Thesen an, die sie dort ausbreitet, noch interessanter die Schlussfolgerungen die Frau Herman trifft, beispielsweise zum Thema Karrierefrau:

"Es ist selbstverständlich, dass Frauen etwas lernen, dass sie sich weiterbilden und Aufgaben auch außerhalb der Familie übernehmen, wenn sie das Talent dafür haben. Doch all das sollte in Maßen geschehen."

"Denn mit diesem Handeln [Anm. d. Blg.: Karriere/Konkurrenz zum Mann], auch das ist nur logisch, lähmen wir jede starke Männlichkeit in unseren Partnern, die wir uns in der Tiefe unserer Seelen sehnlichst wieder herbeiwünschen."

Und ja, Eva Herman ist wirklch eine Frau, auch wenn es kaum zu glauben ist! Ich muss zugeben, ich habe den Artikel im Cicero (noch) nicht gelesen, nach dem Bericht auf Spiegel.de mit vielen Zitaten daraus, konnte ich mich dazu wirklich nicht überwinden, vielleicht spar ich mir das Orginal sorgar, auch wenn das natürlich absolut unwissenschaftlich wäre, möchte ich mich weiterhin in die Diskussion einmicht..

Viel interessanter sind für mich aber sowieso die Reaktionen, welche der Artikel auslöst.
Plötzlich finden wir Bekenntnisse zur klassischen Rollenverteilung, gegen die, ach so großen, ach so ungerechten Schimpfe auf die Männer, und verschämt hört man auch hier und da, lieber sollte doch die Frau zu Hause bleiben, wenn das Kind da ist, die kanns auch einfach besser.
Schon langere Zeit gibt es in vielen Diskussionen, auch in der öffentlichen Debatte, einen Schwenk in diese Richtung. Jetzt aber spricht sie eine Frau selber endlich mal in aller Deutlichkeit aus. Eine Frau die auch noch selber Karriere und Beruf vereint, eine Frau die Stellvertreten steht für alle Fr... gut, lassen wir das.

Bevor ich hier die vielen angestoßenen Fragen und Probleme aufgreife, die diese Diskussion mit sich bringt und zu denen es sicherlich unterschiedliche Meinungen geben kann und muss, möchte ich lieber auf einen von Reinhard Mohr verfasste Beitrag zur aktuelle Debatte um Kinderlosigkeit und die Probleme Deutschlands verweisen, der sich vorallem mit der Rolle der Familie und ihrer Stilisierung zum Heilsbringer der Nation (nach dem Motto: In unruhigen Zeiten sucht man sich einen sicheren Hafen) auseinandersetzt. Teilweise zu oberflächlich, teilweise polemisch, aber mit vielen interessanten Aspekten und einem unterhaltsamen Stil sicherlich lesenswert.

"Es ist eine Binsenweisheit, aber offenbar muss man an sie erinnern: Die Unschuld der Familie ist längst verloren - wie die aller bürgerlichen Institutionen. Es gibt kein Zurück in eine vermeintlich heile Welt, sondern nur die Suche nach neuen Formen und Kombinationen. Phantasie ist gefragt statt simpler Nostalgie, Kreativität statt reaktionärem Kitsch."

"Es stimmt: Die Emanzipation des Subjekts hat ihren Preis. Aber er kann nicht darin bestehen, die gewonnene Freiheit einfach wieder einzukassieren. Diesen Preis würde Evchen Herman zuallerletzt entrichten. Schöpfungsauftrag hin oder her."


Für mich zeigt diese Debatte nicht zu letzt auch: Trotz 2006, trotz einer Frau als Kanzlerin, trotz 7 Jahren Rot-Grün, trotz Political Correctness, zu guter Letzt sogar trotz 68 sind viele Menschen in unserer Gesellschaft noch weit von fortschrittlichem Denken und vor allem fortschrittlichen Handeln entfernt, auch und vorallem in den politischen, kulturellen und ökonomischen Eliten.
Die schwierige ökonomischen und politischen Situation weltweit wird als Vorwand genutzt um, zumindest und immerhin in der Öffentlichkeit hochgehaltene, gesellschaftliche und soziale Errungenschaften Schritt für Schritt rückgängig zu machen. So wie es früher war, scheint es doch bequemer. Das unter einer solchen Rückwärtsrolle Menschen werden leiden müssen und Gefahren drohen ist leider anscheinend all zu vielen nicht bewusst.

Es läge mir fern irgendeiner Frau zu verbieten, mit ihrem Kind zu Hause zu bleiben.
Aber ihre Freiheit zu arbeiten, Karriere zu machen und aus eigenem Willen - oder weil sie andere Prioritäten setzt - auf ein Kind zu verzichten, welches für die Gesellschaft/den Staat ach so wichtig ist, für das sie(Gesellschaft)/er(Staat) aber nicht bereit ist genug Anstrengungen zu unternehmen, um der Mutter in der Gleichstellung zum Mann(Vater) die Vereinbarkeit zu ermöglichen, halte ich für eine der zentralen Errungenschaften der letzten fünfzig Jahre von der man um kein Schritt abweichen sollte.

Montag, April 24, 2006

Grundsatzprogrammdebatte der SPD

Bereits vor einer Woche habe ich, vor Veröffentlichung der Leitsätze für das SPD-Grundsatzprogramm, das Fehlen einer Analyse und Kritik des Kapitalismus befürchtet. Der nun vorliegende Programmentwurf hat, in diesem Punkt, meine Erwartungen allerdings noch einmal unterboten und mich erschaudern lassen.
Nach einer Lektüre des 20-seitigen Entwurfes, der in vielen Punkten Richtiges und Wichtiges, in einiges Punkten Unklares und Widersprüchliches, enthält, möchte ich dieses hier auszugsweise kommentieren.

Ich beginne mit dem Abschnitt, welcher der meisten Überarbeitung bedarf:
Die Grundwerte der sozialen Demokratie
"Gerechtigkeit erfordert, dass die gleiche Freiheit und die gleiche Würde aller Menschen gewährleistet werden – unabhängig von ihren jeweiligen Leistungen für die Gemeinschaft. Gerechtigkeit erfordert aber ebenso die Anerkennung ihrer unterschiedlichen Leistungen für die Gemeinschaft."
Na, was denn nun? Gleichheit oder Unterschiedlichkeit? Die Antwort darauf, vermag ich ich nicht zu geben, aber der Widerspruch ist augenscheinlich.
"Gerechte Teilhabe bedeutet zuallererst Chancengleichheit."
Wenn Teilhabe, auf die Chance auf Teilhabe reduziert wird, bedeutet dies natürlich auch die Abkehr von einem staatlich organisierten Angleichung sozialer Disparitäten und delegiert die Verantwortung dafür an den Einzelnen. Soziale Transfers und Umverteilung rücken damit in den Hintergrund.
"Auch die gerechte Verteilung des gesellschaftlichen Wohlstands zielt auf die Verbesserung der Teilhabemöglichkeiten und Lebenschancen aller Menschen in unserer Gesellschaft."
Wer diesen Satz im Gesamtzusammenhang liest, erkennt, dass es sich hier um ein verschämtes Lippenbekenntnis und nicht um den offensiven Anspruch, Umverteilung zu verwirklichen geht.
"In der Geschichte der deutschen Sozialdemokratie war der Demokratische Sozialismus das Gegenmodell zum diktatorischen Staatssozialismus. In ihm kam nicht die Vorstellung eines gesellschaftlichen Endzustands zum Ausdruck, sondern eine Wertvorstellung und eine politische Bewegung. Nach dem Ende der Systemkonfrontation verkörpert dieser Begriff die bleibende Einsicht, dass in einer Marktwirtschaft stets auch Lebensbereiche und öffentliche Güter existieren müssen, die der Logik des Marktes entzogen und bedarfsorientiert ausgerichtet sein sollten."
Dass der demokratische Sozialismus hier einzig als Gegenmodell zum diktatorischen Staatssozialismus gesehen wird, der noch dazu überholt sein soll und der Geschichte angehört, halte ich für dreist.
Es ist eine emanzipatorische Zielvorstellung vieler Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen noch in der heutigen Zeit, die daran festhalten, in Zukunft nicht in einer Welt leben zu wollen, in der die Ausbeutung der Mehrheit durch eine Minderheit das bestimmende Merkmal ist (der arbeitenden Bevölkerungen, dessen Lohn nur ein Teil dessen darstellt, was sie eigentlich produktiv erwirtschaftethergestellt haben), in der die gesamte Menschheit der Macht des Kapitals untergeordnet ist (jegliche Politik scheint darauf ausgerichtet, die Attraktivität des Standortes Deutschland für das Kapital zu erhöhen), das noch dazu ziel- und endlos akkumuliert wird (wofür machen Unternehme Gewinne? Um diese zu investieren, neue Produkte und Absatzmärkte zu erschließen, um noch mehr Gewinne zu machen. Dienen tut dies niemandem).
Nun soll in diesem Grundsatzprogramm nicht die sozialistische Weltrevolution propagiert werden, aber eine Kritik dieser destruktiven und für den Kapitalismus konstitutiven Merkmale, die man nicht wegreformieren kann, war Teil eines jeden (auch des Berliner Programms!) SPD-Grundsatzprogramms und stellt damit eine historische Wende da. Das kapitalistische System wird akzeptiert; es wird sogar - bis auf einige Einschränkungen, die uns dann lachhaft als demokratischer Sozialismus verkauft werden sollen - begrüßt. Aber der demokratische Sozialismus bedeutet nicht Korrekturen am Kapitalismus, sondern die Abschaffung desselben.
Doch eine solche Kritik wird sich nach dieser Zäsur in der sozialdemokratischen Programmatik nicht mehr finden.

Die Ziele der sozialen Demokratie
Friedenspolitik/Gewaltanwendung: "Diese dürfen aber ausschließlich als letztes Mittel, wenn alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft worden sind, im strikten Einklang mit dem Völkerrecht und nach Zustimmung des Deutschen Bundestages angewendet werden."
Angesichts früherer Interventionen sozialdemokratischer Bundesregierungen (Kosovo) bei denen "der strikte Einklang mit dem Völkerrecht" äußerst umstritten war, muss dieser Satz als sinnvoll, aber unklar und zu wenig bindend angesehen werden.

Die SPD als linke Volkspartei
"Damit sind wir zugleich die Partei der solidarischen Mitte. Nur wenn die gesellschaftliche Mitte in unserem Land für eine Politik der Sozialen Demokratie gewonnen werden kann und diese selbst für eine Politik der Sozialen Demokratie wirbt, ist diese auch möglich. Die solidarische Mitte ist es, die Steuern zahlt, weil sie einen handlungsfähigen und gerechten Staat will."
In einem Grundsatzprogramm ist es sicherlich unzureichend, sein als einziges Kriterium zum Bestimmen des Klientels das Zahlen von Steuern heranzuziehen: "Die SPD ist die Partei der Steuerzahler" ;)
Das besondere Verhältnis zu den Arbeitnehmern, Rentern, sozial Benachteiligten wird nicht genannt.

Um mich kurz zu halten sei zum "vorsorgenden Sozialstaat" noch gesagt, dass auch dieser reichlich nebulös bleibt und die Frage offen lässt, ob dies zu Kosten des "nachsorgenden" Sozialstaats geht. Werden also Sozialleistungen gekürzt?


Leider ist der Beitrag doch etwas lang geraten, aber vielleicht hat es ja jemand bis hier hin geschafft.
Ich freue mich auf eine angeregte und anregende Diskussion.


P.S. Letztendlich wird aus auf dem Parteitag ohne hin so enden:

Mo kann nicht schlafen

So, was macht man, wenn man nicht schlafen kann? Ganz genau, man macht schöne Musik an und träumt vor sich hin.

Alejandro Sanz "No es lo mismo" ist da genau die richtige CD um vier Uhr Morgens. Entspannt, zwischen durch lebendig und fröhlich, immer gefühlvoll, selten kitschig. Bekannte und scheinbar vertraute Melodien, aber mit einem Touch von südländischer Exotik(Flamenco, Südamerika) und ein paar kleineren Experimenten(Hip Hop, Elektronik), damit es interessant bleibt.

Die zurückhaltende Instrumentierung und die sorgfältigen Arrangements setzten Alejandros raue, streckenweise dünn und zerbrechlich erscheinende, dann wieder kraftvoll hervortretende von akzentuierenden Bläsersätzen getriebene Stimme in den Mittelpunkt, die den meisten aus dem Duet "La Tortura" mit Shakira bekannt sein dürfte.

Auch wenn ich mir so eine, teilweise etwas seicht daher kommende Musik nicht immer anhören kann, auf jeden Fall mal ein Tipp für alle die Shakira und Juanes hungrig gemacht haben auf Latin und für alle die, die im Allgemeinen auf intelligente und gut gemachte Popmusik stehen. Wem dagegen rein handgemachtes und noch dazu live besser gefällt, der sollte sich nach dem MTV Unplugged umsehen, darauf sind zudem so gut wie alle Klassiker vor der "No es lo mismo" enthalten.

Ach, und bevor einer sich fragt, was das hier zu Suchen hat, es heißt nicht um sonst "Kunst, Kacke und..", sucht euch aus zu welchem von beidem der Post gehört...ach und für die dritte Fraktion, in einem Lied taucht auch das Wort Kommunismus auf, also, anhören! :)

Samstag, April 22, 2006

KuKaKo Genossen-Karte

Einer der Ankerpunkte unserer Ideologie ist natürlich der Internationalismus, deswegen habe ich eine Karte erstellt, auf der sich die Genossen des KuKaKo Blogs anmelden können, mal gucken wo es uns überall hinverschlägt.

Irgendwann wird uns diese Karte dann helfen den Überblick über unser weltweites Netzwerk zu behalten und geziehlte Aktionen zu planen, um die Weltherrscha...ähh..also, wenn ihr wollt, meldet euch einfach an: http://www.frappr.com/kunstkackeundkommunismus

Der derzeitige Stand ist noch etwas armselig...deshalb, schnell anmelden!

Interessenverflechtungen bekannter Wirtschaftswissenschaftler

Das Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung liegt am Boden. Vom Arbeitslosen bis zum Facharbeiter, viele plagt die Angst ab 60 in die Altersarmut zu rutschen.
Wer kann, versucht sich mit den bereits millionenfach abgeschlossenen "Riester-Renten" abzusichern.
Dabei war die gesetzliche Rentenversicherung über Jahrzehnte - und demographische Veränderungen gab es immer - Garant der Sicherheit, Solidarität und Stabilität.
Dass die gesetzl. Rente Probleme hat, ist unbestritten. Auf die Frage, ob diese nicht durch die Verringerung der Arbeitslosigkeit, den Stopp der Förderung des Abbaus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung, Reallohnsteigerungen oder Beitragssteigerungen (warum dürfen die Rentenbeiträge 20% eigentlich nicht überschreiten?) gelöst werden könnten, möchte ich hier nicht weiter eingehen.

Der ehemalige MdB und Chef des Planungsstabes im Bundeskanzleramt von Brandt und Schmidt Albrecht Müller geht davon aus, dass viele der Probleme herbeigeschrieben sein, um in einer interessensgeleiteten Kampagne der Versicherungswirtschaft die gesetzl. Rente zu desavouieren. Nun bin ich kein Fan von Verschwörungstheorien, aber folgende Ausschnitte aus Monitor und dem Mittagsmagazin kann ich euch nur wärmstens empfehlen:
Monitor
Morgenmagazin (20.04 - Wirklich unabhänig?)



Schaut und staunt.

P.S. Albrecht Müller leistet mit den Nachdenkseiten und seinen Publikationen einen wichtigen aufklärerischen Beitrag; nur sollte man einen Denkfehler nicht begehen und Ursache und Wirkung verwechseln: Möglicherweise arbeiten einige Wissenschaftler (beispielsweise in Beraterfunktionen) für private Versicherungen, gerade weil sie ihre Arbeit gutheißen und ihnen ideologisch bzw. politisch nahestehen. Und sprechen nicht - wie es Müller beinahe pauschal unterstellt - für sie, weil sie für Versicherungskonzerne arbeiten.

Doch eine offensichtlich vorhandene Verflechtung von Interessen, wie sie von Müller dankenswerterweise aufgezeigt wurde, lässt sich hier nicht bestreiten. Nur sollte man auch hier differenziert bewerten.
Raffelhüschens Unabhängigkeit und die Korrekheit seiner wissenschaftlichen Arbeit lässt sich sicherlich bezweifeln, ob dies für Bert Rürup ebenso gilt, ist zumindest für mich, nicht ganz so klar.

Grundlegende Änderung der Ordnung, Schritt für Schritt

Alex hat in seinem Eintrag (siehe unten) eine Stelle aus dem Berliner Programm zitiert, die ich hier noch mal aufgreifen möchte: "Es ist ihre (der Arbeiterbewegung) historische Grunderfahrung, daß Reparaturen am Kapitalismus nicht genügen. Eine neue Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft ist nötig."

Wie das aber erreichen. Der Gegner, das System, scheint übermächtig, wir alle sind eingespannt, wir kaufen ein und arbeiten, sind Teil des System, stützen und fördern es damit. Gleichzeitig ist es fast unmöglich sich außerhalb des Systems zu stellen, wenn man Teil der menschlichen Gesellschaft bleiben möchte. Gewaltsame Umstürze bringen zwangsläufig Leiden mit sich und bergen die große Gefahr von Chaos und Diktatur.

Deswegen muss die Veränderung Schritt für Schritt erfolgen. Wir Menschen sind vielleicht wirklich noch nicht "bereit" für eine klassenlose Gesellschaft, in welcher der Mensch dem Menschen "Freund" und nicht mehr Konkurrent ist. Aber wir können uns auf den Weg dort hin begeben, es gibt viele, realistische Ansätze und Reformen.

Ein zentraler Punkt für die sozialistische Bewegung, besonders aber auch für uns Jungsozialisten, ist die Bildung. Unserem jetztigen Schulsystem, abgesehen von seinen offensichtlichen Wissensvermittlungsschwierigkeiten, mangelt es vorallem an einer Werteerziehung und Verstandesausbildung die endlich eine Abkehr vom reinen Konkurrenz- und Leistungsprinzip herbeiführt, das die freien Wirtschaft unablässig fordert.
Gleichzeitig sorgt das dreigliedrige Schulsystem für frühste Selektion und schafft unter anderem damit große soziale Ungerechtigkeit. Deswegen ist eine Überwindung des Selben unbedingt notwendig.

Auch in der Arbeitswelt, in der der einzelne Arbeitnehmer immer weiter unter Druck gerät, können, anstatt reiner Begünstigungen der Großunternehmer, einige Schritte die Problematik entschärfen. Mindestlohn, sinnvolle Investitionsprogramme, Steuern und Gesetze auf europäischer Ebene oder sogar weitreichende Überlegungen wie ein bedingungsloses Grundeinkommen sind Ansätze um die es zu streiten gilt.

Zu guter Letzt war und ist für uns Sozialdemokraten die Freiheit ein zentraler Wert. Damit ist nicht eine Freiheit der Marktes, eine Freiheit der Ausbeutung gemeint, wie man etwa in der CDU gerne kommuniziert, sondern die Freiheit jedes einzelnen Menschen sein Leben zu bestimmen. Unser demokratisches System scheint diesem Anspruch nicht mehr zu genügen. Viele sagen "Nützt doch alles nichts" und gehen garnicht mehr zur Wahl.
Deswegen ist die Einführung bzw. Stärkung von plebizitären Elementen, von neuen Wahlmodellen und ein langsamer Übergang zu einer tatsächlichen Mischform von repräsentativer und direkter Demokratie für uns ein wichtiger Ansatz.

Dieser kleine Rundumschlag soll nur einige der Möglichkeiten zeigen, über die man sich Gedanken machen kann und sollte, über die man durchaus auch kontrovers, kritisch und differenziert unter Linken selber streiten kann.
Er soll aber vorallem zeigen, dass das ewige Gerede von den "gebundenen Händen" Quatsch ist. Wer handeln und verändern will, kann das auch. Es ist nicht leicht, aber es geht.

Und, ein guter Anfang ist natürlich auch selber ein bewusstes Leben zu führen, aber damit tut sich verständlicher Weise jeder von uns schwer :)

Zu einigen der Themen werden wir bestimmt auch in Zukunft noch mehr veröffentlichen, wer sich informieren möchte, dem seien folgende Webseiten ans Herz gelegt:

http://www.mehr-demokratie.de/
http://www.archiv-grundeinkommen.de/
http://www.mindestlohn.de/

Grüße,
Morten

tadadadDA!

Unser neues, grandioses Logo:




Kunst, Kacke, Kommunismus, so ist das!

Das Fehlen der kapitalistischen Analyse und Debatte in der SPD-Programmdiskussion

1989 wurde das bis heute gültige Grundsatzprogramm, das Berliner Programm, beschlossen.
Schon mit seiner Annahme war es veraltet, da es in einer Zeit des historischen Wandels, der sich überstürzenden Ereignisse erarbeitet wurde und damit eine annährend korrekte Analyse der Gegenwart nicht möglich war.
Aus diesem Grund unternahm die deutsche Sozialdemokratie schon Mitte der neunziger Jahre beginnend den Versuch einer Erneuerung. Scharping, Lafontaine, Schröder, Müntefering, Platzeck und Beck. Der ständige Führungswachsel in der SPD zerstörte dann jegliche Kontinuität in der Arbeit; jeder Vorsitzender nahm sich des Themas neu an, was dazu führte, dass niemand mehr als einige Bruchstücke hinterließ, auf denen sich nicht aufbauen ließ.
Unter dem neuen Vorsitzenden Kurt Beck soll diese Debatte nun konzentriert und bis Ende nächsten Jahres zum Abschluss gebracht werden.

Im Mittelpunkt der Debatte stehen insbesondere wirtschaftliche und soziale Veränderungen: Die Globalisierung, die "Krise" der sozialen Sicherungssysteme, die demographische Entwicklung.

Doch aus jungsozialistischer Sicht bleibt Grundlegendes ausgespart: Nämlich eine tiefgehende Analyse der Kapitalismuses und die Definition unseres Verhältnisses zum kapitalistischen System.

Es zeigt, dass das Thema an sich und das Verständnis dafür, der Sozialdemokratie entrückt.
Franz Münteferings Kapitalismus-Kritik bereits offenbarte eine Verständnislücke des kapitalistischen Systems, bei der sich (der auch nicht perfekte) Karl Marx, die Nase rümpfen und die Haare raufen würde.

Das expansive Streben des Kapitals nach der Erschließung neuer Absatzmärkte, der Suche nach optimalen Standorten und die Sucht des maximalen Gewinns entspringt und entspricht dem kapitalistischen Wesen und ist keine Frage von Moral oder Gewissen einzelner Kapitalisten.
Folgen sie diesen Prinzipien nicht, werden sie nicht länger Kapitalisten sein.

Auch das Streben des Kapitals (und der Zwang des Staates diesem nachzugeben) nach immer geringeren Arbeits- und Produktionskosten, deregulierten (Arbeits-)märkten und niedrigen Steuern und Abgaben sind dem Kapitalismus immanent.

All dies hat eine höchst destruktive Wirkung. Wir müssen länger arbeiten, zu schlechteren Bedingungen und weniger Lohn.
Auch eine nationale Arbeitereinheitsfront, in Gewerkschaften mobilisiert, muss sich diesen Bedingungen beugen, solange sie nicht global agiert (dazu mehr in einem späteren Eintrag).

Und all diese Prinzipien und Gesetzmäßigkeiten des kapitalistischen Systems werden nicht wegzureformieren sein, in einer national nur noch begrenzt steuerbaren Wirtschaft werden die von ihnen verursachten Symptome (Armut etc.) sogar noch schwieriger zu lindern sein.

Für mich sollte ein Kernelement des neuen SPD-Grundsatzprogrammes daher neben der kapitalischen Analyse, der Frage wie das Kapital zu behandeln und wie seine Macht zu bändigen ist, auch weiterhin der Wunsch nach einer Überwindung dieses Systemes sein.

"Es ist ihre (der Arbeiterbewegung) historische Grunderfahrung, daß Reparaturen am Kapitalismus nicht genügen. Eine neue Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft ist nötig." Berliner Programm

Dahinter dürfen wir nicht zurückfallen.